Tipps für die Baugrundbeurteilung (1)

Ein passendes Grundstück für den Bau des Traumhauses zu finden, kann viel Zeit in Anspruch nehmen. Aber auch wenn die Suche erfolgreich war, sollten Bauwillige nicht gleich überstürzt den Kaufvertrag unterschreiben. Stattdessen gilt es, das Baugrundstück genau unter die Lupe zu nehmen. Neben der Lage und der Erschließung steht die Klärung der Bebaubarkeit an erster Stelle der Baugrundbeurteilung.

Das Baugesetzbuch – Wo darf gebaut werden?

bebauungsplanGrundsätzlich kann ein Grundstück in Deutschland laut Baugesetzbuch (BGB) nur mit einem Wohngebäude bebaut werden, wenn das Baugrundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegt oder sich innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, dem sogenannten Innenbereich, befindet.
Ein Bauvorhaben, das in einem Gebiet mit einem gültigen Bebauungsplan liegt, ist allerdings nur zulässig, wenn es mit den Festsetzungen des Bebauungsplans übereinstimmt und keine sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Wer diesen Vorgaben entsprechend plant, kann in der Regel mit einer Baugenehmigung seines Neubaus rechnen.
Anders ist es, wenn es sich um ein Grundstück im Innenbereich handelt. Hier gilt der § 34 des Baugesetzbuches. Dort ist festgesetzt, dass das Gebäude sich in Art und Maß der Nutzung sowie der Bauweise in die Bestandsbebauung der näheren Umgebung einfügen muss. Über die Zulässigkeit des Bauvorhabens entscheidet die Baubehörde im Einzelfall. Deshalb ist es oft sinnvoll, eine Bauvoranfrage bei der Gemeinde zustellen, um die Genehmigungsfähigkeit vorab festzustellen.
Im ersten Schritt sollten Sie also klären, ob für Ihr Grundstück ein Bebauungsplan vorhanden ist oder nicht. Dies erfahren Sie bei der zuständigen Gemeindeverwaltung. Dort sind die entsprechenden Unterlagen für jeden Bürger einsehbar oder können gegen eine Gebühr angefordert werden. Viele Gemeinde veröffentlichen Ihre Bebauungspläne mittlerweile auch online. Mit ein paar Grundkenntnissen sind diese Unterlagen auch für den Nichtfachmann verständlich.

Der Bebauungsplan – Wie liest man ihn?

Bebauungspläne dienen den Städten und Gemeinden als Steuerungsinstrument für städtebauliche Ziele und liefern dem Bauherrn Informationen zu den rechtlichen Vorschriften im jeweiligen Baugebiet. Zumeist bestehen die Pläne aus einem Textteil und einem zeichnerischen Teil, in dem die Festlegungen grafisch dargestellt sind. In der Zeichnung sind die betroffenen Grundstücke mit ihren Grundstücksgrenzen eingetragen. Zusätzliche Linien, Symbole und Kennwerte geben Aufschluss über die Bebaubarkeit.

B-Plan

Das eigentliche Baufenster, also der Bereich, in dem ein Gebäude errichtet werden darf, ist über Baulinien und Baugrenzen definiert. Während Baugrenzen nicht überschritten werden dürfen, aber nicht berührt werden müssen, ist die Errichtung an einer Baulinie ein Muss. Darüber hinaus sind im Regelfall Mindestabstände nach den jeweiligen Landesbauordnungen zu den Nachbarbebauungen einzuhalten. Weitere Festsetzungen sind als Zahlen und Abkürzungen in einer „Minitabelle“, der sogenannten Nutzungsschablone,  für den gesamten Geltungsbereich oder für jedes einzelne Grundstück abgebildet. Die Schablone enthält unter anderem Informationen zu:

Art der baulichen Nutzung

Diese Kennzeichnung legt fest, welche Nutzungen das Bauwerk einschließen darf. Wohnhäuser dürfen z.B. in allgemeinen Wohngebieten (WA) oder Mischgebieten (MI) errichtet werden, nicht aber in Industriegebieten (GI).

Anzahl der Vollgeschosse

Die Anzahl der zulässigen Vollgeschosse ist im Plan in römischen Ziffern vermerkt. Kellergeschosse, Dachgeschosse und Staffelgeschosse gelten allerdings nicht als Vollgeschoss, wenn sie bestimmte maximale Werte zur Geschosshöhe einhalten oder nur über einen reduzierten Anteil der Grundfläche des Gebäudes errichtet sind. Genauere Angaben und weiter Definitionen sind in den Landesbauordnungen zu finden.

Grundflächenzahl

Die Grundflächenzahl (GFZ) definiert das prozentuale Verhältnis zwischen der Grundstücksgröße und der maximalen Bebauung. Eine Grundflächenzahl von 0,3 sagt z.B. aus, dass maximal 30 % des Grundstücksfläche überbaut werden dürfen.

Geschossflächenzahl

Diese Zahl legt das prozentuale Verhältnis zwischen der Grundstücksfläche und der maximalen Quadratmeterfläche aller Vollgeschosse fest. Bei einer GFZ von 0,5 darf die Gesamtfläche der Vollgeschosse also maximal 50 % der Grundstücksfläche betragen.

Bauweise

Als Bauweise wird zwischen offener (O) und geschlossener Bauweise (G) unterscheiden. Offene Bauweise bedeutet, dass Einfamilienhäuser (E), Doppelhäuser (D) oder Reihenhäuser eine Gesamtlänge von 50 m nicht überschreiten dürfen. Bei der geschlossenen Bauweise hingegen ist die Berührung der seitlichen Außenwände an der Grundstücksgrenze Pflicht.

Daneben können weitere Festsetzungen z.B. über die Dachform, die Dachneigung, Firstrichtung, Firsthöhe und Traufhöhe im Plan eingetragen sein. Der Textteil enthält Vorgaben, die aus der Zeichnung nicht ersichtlich sind, wie Vorschriften zur Gestaltung der Garage. Der Umfang und Detaillierungsgrad eines Bebauungsplans unterscheidet sich von Baugebiet zu Baugebiet. Während einige Gemeinden alles, bis hin zur Farbe des Dachbelags, vorschreiben, bieten andere ihren Bauherren wesentlich mehr Freiheiten, sodass sich dort auch individuelle Häuser verwirklichen lassen.

Vertiefende, sehr gut illustrierte Erläuterungen zu Bebauungsplänen finden Sie auch im PDF des vermessung:büro visoell.

Die Baugrundbeurteilung – Worauf Sie sonst noch achten sollten

Weitere Einschränkungen gibt es vor allem in bestehenden Siedlungen und Altbaugebieten. Zwar eignet sich dortiger Baugrund meist gut für Singlehäuser, da diese Grundstücke aufgrund von vorangegangenen Grundstückteilungen oder kleinteiliger Bebauung oft eine geringe Größe aufweisen, allerdings gibt es hier einiges zu beachten:

Handelt es sich um ein Grundstück mit einem Altbestand, der abgerissen werden soll, sollten Sie nicht automatisch davon ausgehen, das Haus so bauen zu dürfen, wie es vorher dastand. Beispielsweise gilt für die einzuhaltenden Abstandsflächen immer die aktuelle Bauordnung. Eventuelle Baulasten wie eine Zufahrtsbaulast auf ein anderes Grundstück schränken die Bebaubarkeit zusätzlich ein. Hier empfiehlt sich ein Blick in das Baulastenverzeichnis bei den Baubehörden der Landkreise und Städte. Egal, ob Ihr potenzielles Grundstück in einem Neubaugebiet oder einem bebauten Ortskern liegt, eine sorgfältige Prüfung der Bebaubarkeit gehört in jedem Fall beim Grundstückskauf dazu und erspart Ihnen unangenehme Überraschungen.